PRESSE
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Sosarme von G. F. Händel, Händelfestspiele Halle
nmz – neue Musikzeitung, 30.5.2016 (Joachim Lange)
Einstürzende Altbauten – Händels „Sosarme, Re di Media“ bei den Händelfestspielen in Halle
Philipp Harnoncourt und Bernhard Forck sorgen am Opernhaus mit der szenischen Erstaufführung von Händels „Sosarme, Re di Media“ für eine musikalisch glanzvolle und szenisch packende Entdeckung.
Davon, dass „Sosarme, Re di Media“ eine der ganz selten gespielten Händelopern ist, haben sich weder Bernhard Forck und das Händelfestspielorchester, noch Philipp Harnoncourt und sein Team irgendwie beeindrucken lassen. Mit einem mageren Dutzend von Inszenierungen kann man nicht wirklich von einer Rezeptionsgeschichte dieser 1732 erfolgreich uraufgeführten Händeloper reden – auf deutschem Boden sind da nur Göttingen und die konzertante Aufführung in Bad Lauchstädt 1989 in den Annalen vermerkt. Für den Festspielauftakt hat das Opernhaus jetzt die Chance genutzt, das vergessene Werk ins rechte Licht unserer Gegenwart zu rücken und sich mit ansteckender spielerischer Freude darauf gestürzt.
Dabei sprechen der musikalische Charme und die immer wieder aufflackernde Experimentierfreude Händels für sich. Wenn die anfangs recht verwirrenden Verwandtschaftsbeziehungen, Obsessionen und die Intrige einigermaßen klar sind (was sich auf sagen wir mal mittlerem Händelniveau hinzieht), dann gibt es nach der Pause ein betörend schönes Duett zwischen dem Titelhelden Sosarme und seiner Braut Elmira, das dem Schlingern zwischen Familienintrige und eskalierendem Bürgerkrieg ein vorübergehendes Innehalten verordnet, um dann mit einem Paradebeispiel für Händels Fähigkeit, mit einer Arienperlenkette vom Feinsten, das Publikum zu fesseln, musikalisch deutlich zuzulegen. Eingängige Melodien, auftrumpfender Rhythmus, auch Steilvorlagen für Witz und Ironie - all das folgt Schlag auf Schlag. Und selbst das liteo fine kommt nicht ganz so abrupt wie es den Gepflogenheiten der Zeit entsprach, sondern verströmt selbst auf den letzten Drücker noch in melodischer Schönheit.
Am Ende triumphiert Händel dann doch. Aber wen wundert’s, wenn sich das HFO auf seinen historischen Instrumenten in Hochform präsentiert, mit einzelnen gestrichenen oder geblasenen Soli glänzt und von Anfang an einen straffen dramatischen Sound liefert, der immer wieder mit betörenden Melodien, Intrigenparlando oder gar Witz aufwartet. Dazu: ein hinreißendes Protagonisten-Ensemble: Das geht los beim händelbewährten Robert Sellier als König (und Vater) und der jungen Henriette Gödde, die als Königin Erenice und Mutter mit ihrer dunkel leuchtenden Präsenz überzeugt (ein beglückender Neuzugang in der Riege der Händelinterpretinnen). Counter Michael Taylor läuft als beider Sohn Argone zu Hochform als Revoluzzer gegen den Vater und die ganze Ordnung auf. Ki-Hyun Park ist als Berater des Königs und Großvater des unehelichen Königssohns Melo (Julia Böhme, mit ihrem prägnanten Mezzo) der dunkel donnernde Fiesling im Stück, dem es fast gelingt, Vater und Sohn in ein Duell zu hetzten. Der bei Benno Schachtner mit stilsicher geschmeidigem Counter ausgestattete Titelheld und vorgesehene Schwiegersohn des Königs schließlich gehört wie seine Verlobte Elmira (in jeder Hinsicht höhensicher: Ines Lex) in die große Koalition der Vernünftigen, die am Ende dann doch ins liteo fine führen, bei dem, wie es sich gehört, nur der Intrigant – von der Einsicht in seine Bosheit übermannt – Selbstmord begeht.
Harnoncourts szenischer Weg dorthin freilich gleicht einem Bühnenbürgerkrieg, bei dem die dafür hochgerüsteten Hilfstruppen des Königs und seines rebellierenden Filius zwar mit ziemlichem
Getöse, Lärm und Rauch, inklusive einer veritablen Explosion und einer umstürzenden Häuser- bzw. Ruinenwand, das Bühnenhaus metaphorisch und konkret zerlegen, aber doch am Kern des Konfliktes bleiben.
Händel hatte den Plot selbst schon aus der Wiedererkennbarkeit damals aktueller politischer Konstellationen, in eine größere zeitliche und räumliche Ferne verlegt. Das Regieteam (zum dem Katja Rotrekl
und Elisabeth Ahsef gehören) holt sie ins exemplarisch Wiedererkennbare heran. Rausgekommen ist dabei ein handfester, ironisch gebrochener Reality-Barock, der trotz des schmetternden „Auf zum Gemetzel,
auf zum Tod, auf zum Sieg“ des Soldatenchores (aus Komparsen!) immer wieder mit Selbstironie und Witz unterlaufen wird. Wenn der Intrigant dem König wie eine Marionette tanzen lässt, Sosarme mit einem roten
Stoffflecken am Nachthemd eine Mordswunde vortäuscht, sie aber fürs Liebesduett einfach beiseitelegt. Oder eben auch, wenn einzelne Musiker immer wieder bei passender Gelegenheit auf der Bühne im doppelten
Wortsinn mit-spielen. Dann macht die Collage aus Familie und Krieg zunehmend Spaß. Einhelliger Jubel beim Premierenpublikum!
MZ – mitteldeutsche Zeitung, 24.5.2016 (Joachim Lange)
„Sorsarme, Re di Media“ ist der Beitrag des halleschen Opernhauses für das aktuelle Festspielprogramm. 1732 war diese Oper ein Londoner Uraufführungserfolg, verschwand dann aber in der Versenkung. Eine konzertante Aufführung in Bad Lauchstädt 1989 (mit Altus Axel Köhler) erweiterte das magere Dutzend Inszenierungen, das es seither gab, auch nicht gerade.
Für Bernhard Forck, der die szenische Erstaufführung für Halle zusammen mit Regisseur Philippe Harnoncourt mit dem Händel-Festspielorchester einstudiert, ist das eine der Merkwürdigkeiten der Rezeptionsgeschichte. Nun hat zwar der titelgebende verschmähte Sohn im ersten Akt, jener Sorsarme, nicht mal eine eigene Arie. Und das, obwohl die Partie bei Händel mit dem Kastraten-Superstar Senesino besetzt war. Aber es gibt mitten im Stück, verrät Forck mit spürbarer Begeisterung, ein wunderbares, seinerzeit höchst populäres Liebes-Duett. Mitten in einem Krieg lässt Händel da die Zeit gleichsam still stehen.
Dass Halle ein besonderer Ort der Händel-Pflege ist, weiß Bernhard Forck, der das Händel-Festspielorchester seit Jahren leitet und in der Riege führender Spezial-Orchester etabliert hat, natürlich zu schätzen. Doch auch der Regisseur, der zum ersten Mal in Halle gastiert, spürt den Standortvorteil, bei Händel „daheim“ zu sein. Szenisch hat sich Philipp Harnoncourt für eine einfache, heutige Anmutung entschieden. Händel hatte den eigentlich vorgesehenen Plot aus dem Umfeld von Englands Verbündetem Portugal weiter in die Vergangenheit und nach Nordafrika verlegt, um nicht unnötig anzuecken. In Halle wird der politische Konflikt auf einen familiären Clinch heruntergebrochen.
Wobei der Regisseur, der unter anderem bei seiner hochgelobten Wiener „Rodelinda“-Inszenierung mit seinem kürzlich verstorbenen Dirigenten-Vater Nicolaus zusammengearbeitet hat, dem Zuschauer
das Selberdenken nicht abnehmen will. Barock-Oper, meint Harnoncourt, sei ja generell eine Einladung an die Fantasie. Was für das Produktionsteam gilt - und natürlich auch für den Zuschauerraum.
www.omm.de, 28.5. (Thomas Molke)
Familienfehde in aktuellen Bildern
… Philipp Harnoncourt findet für seine Inszenierung sehr aktuelle Bilder. So haben sich Argone und seine Anhänger hinter einem abgesperrten Drahtzaun in einem heruntergekommenen Haus verbarrikadiert, das einer Ruine gleicht. Die erste Etage, in der sich die Überreste eines Badezimmers befinden und die nun dazu dient, das Treiben der Feinde zu beobachten, ist nur noch über eine wackelige Leiter zu erreichen, und Harnoncourt scheut sich auch nicht, Elmira während einer Arie diese Leiter hinaufzuschicken. Die beschrifteten Spruchbänder die aus den Fenstern hängen, erinnern an die Hausbesetzerszene, und Harnoncourt lässt Haliate mit seinem Gefolge wie moderne Polizeitrupps gegen die Besetzer vorgehen. Er lässt sogar eine Arie Haliates von lautem Pöbeln der Statisten auf der Bühne und im Zuschauerraum stören, um den Konflikt auf der Bühne noch zuzuspitzen. Auch pyrotechnische Effekte dürfen nicht fehlen. So gibt es zwei heftige Explosionen, und im zweiten Teil fällt dann auch eine Wand des arg in Mitleidenschaft gezogenen Hauses um. Für das Duell verwendet er Schusswaffen, was teilweise im Widerspruch zum gesungenen Text steht. Dichter Bühnennebel, der die Protagonisten einhüllt, macht dabei allerdings verständlich, wieso bei diesem Duell Erenice und Melo verletzt werden.
Mit den Verwundungen nimmt es Harnoncourt dann allerdings nicht so ernst. So ist die blutende Wunde, die Erenice erhält, ein Stück roter Stoff, den sie sich beim Friedensschluss fröhlich vom Kleid reißt. Ähnlich verfährt Harnoncourt auch beim Duett nach der Pause zwischen Sosarme und Elmira. Wenn die beiden in einer der beliebtesten Nummern der Oper, "Per le porte del tormento", die Händel später in seine Oper Imeneo übernahm, besingen, wie ihre Seelen durch das Tor der Qualen zur Lust gelangen, befreit sich Sosarme nicht nur vom Tropf und seiner riesigen roten Stoffwunde, sondern legt mit Elmira auch noch eine flotte Tanzeinlage aufs Parkett. Auch Altomaros Tod scheint Harnoncourt nicht ganz ernst zu nehmen. So ersticht er sich mit einem überdimensionalen Schwert auf der Bühne und schüttet sich einen Eimer Wasser über den Kopf als Zeichen dafür, dass er sich sterbend ins Wasser gestürzt hat. Am Ende tritt er dann auch wieder recht lebendig auf und deutet mit zwei Teufelshörnern an, dass der Frieden keineswegs so dauerhaft sein wird, wie ihn die Protagonisten im Schlusschor besingen. Auch der spielerische Kampf um die Krone, den Haliate und Argone während des letzten Duetts zwischen Elmira und Sosarme betreiben, lässt es fragwürdig erscheinen, ob sich Vater und Sohn wirklich auf Dauer ausgesöhnt haben.
Musikalisch enthält die Oper einige Höhepunkte, die das eingangs erwähnte Lob des Earl of Egmont nachvollziehbar machen. Neben dem bereits erwähnten Duett hat Händel auch vier Arien in sein vier Jahre später entstandenes Pasticcio Oreste übernommen. Im Ohr bleibt auch Erenices große Arie "Cuor di madre, cuor di moglie" aus dem dritten Akt, in dem sie beklagt, dass sie beim Duell entweder ihren geliebten Gatten oder ihren Sohn verlieren wird. Henriette Gödde arbeitet mit dunkel eingefärbtem Mezzo Erenices Zerrissenheit beeindruckend heraus. Unterstützt wird die Emotion noch durch die Solo-Violine, die Harnoncourt für den musikalischen Dialog mit Gödde auf die Bühne treten lässt. Auch in den übrigen Arien überzeugt Gödde mit warmem Timbre. Ines Lex stattet die Elmira mit leuchtendem Sopran aus. Ein Höhepunkt dürfte ihre große Gleichnis-Arie am Ende des zweiten Aktes darstellen, in der die Flöte den besungenen Vogel beschreibt, der immer wieder in sein Nest zurückkehrt. Auch in den Duetten mit Benno Schachtner findet sie zu einer bewegenden Innigkeit. Schachtner begeistert in der Titelpartie mit in den Koloraturen beweglichem Countertenor, der in der Höhe enorme Strahlkraft besitzt. Auch für ihn hält die Partitur einige Bravour-Arien bereit. Weiterer Star des Abends ist Ki-Hyun Park als Bösewicht Altomaro. Sein Bass steigt mit gewaltiger Kraft in die dunkelsten Tiefen hinab und beweist in den schnellen Läufen große Flexibilität. Besonders in seiner zweiten Arie vor der Pause dreht Park auf, wenn er überzeugt ist, dass seine Intrige von Erfolg gekrönt sein wird und er mit Händelperücke in den Orchestergraben hinabsteigt und selbst mitmusiziert.
Julia Böhme überzeugt als Haliates unehelicher Sohn Melo mit weichem Mezzosopran, der dem sanften Charakter der Figur entspricht. Michael Taylor gibt sich als Argone mit beweglichem Counter und einigen Registerwechseln zwischen Kopf- und Bruststimme wesentlich kämpferischer und punktet auch darstellerisch als rebellischer Sohn. Robert Sellier stattet den König Haliate mit hellem Tenor aus. Bernhard Forck führt das Händelfestspielorchester mit gewohnt sicherer Hand durch die Partitur, und die Statisterie darf bei den Chören sogar mitsingen.
So gibt es am Ende für alle Beteiligten großen Applaus.
Die Oper Halle beweist, dass Händels Oper Sosarme musikalisch zu Unrecht vernachlässigt wird. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Werk den Weg ins Repertoire findet.
IOCO.de Kultur im Netz, Juni 2017 (Guido Müller)
Resümmee der Händelfestspiele 2017: "Sosarme, Re di Media" im zweiten Jahr noch einmal gesteigert
Zur bewährten Programmdramaturgie der Händel-Festspiele gehört auch, den Vorjahresbeitrag der Oper Halle nicht nur im Herbst sondern auch im folgenden Frühsommer aufzunehmen. Diesmal ist es die Inszenierung des eher selten aufgeführten königlichen Familiendramas Sosarme (1732) durch Philipp Harnoncourt, Sohn des kürzlich verstorbenen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt. Dieser bringt schon von zu Hause den Sinn für historische Aufführungspraxis mit, den er hier mit einer frechen, behutsam aktualisierenden Inszenierung verbindet, die aber nie gewaltsam aufgesetzt wirkt. Bernhard Forck dirigiert das Händel-Festspielorchester Halle auf historischen Instrumenten nach leichten Unsicherheiten zu Anfang in der ersten von zwei Vorstellungen dann doch schnell frisch, lebendig und inspiriert. Bald verbreitet das Händel-Festspielorchester Halle eine geradezu prickelnde barocke Stimmung zwischen Orchestersolisten und Sängern.
Die Inszenierung von Harnoncourt bietet szenischen Spielwitz und Selbstironie, so dass das junge Sängersensemble sichtlich mit viel Spaß agiert. Geschickt werden auch die Wiederholungsteile der Dacapo-Arien mit immer neuen lebendigen Einfällen aufgepeppt, so dass nie Langeweile in dieser sprühenden Inszenierung aufkommt.
Auch in Sosarme steigert zudem Händel in der komplizierten königlichen Familiengeschichte im geschickten Wechsel der langsamen und schnellen Arien und der Stimmfarben der Protagonisten von Szene zu Szene die Dramatik. In dieser Oper geht es Händel schon deutlich weniger um die Demonstration der enormen stimmlichen barocken Verzierungsakrobatik wie in seinen frühen Heldenopern sondern um psychologischen Gefühlsausdruck, der auf Vorklassik und Klassik hindeutet.
Bei Händel spielt die Handlung im antiken Kleinasien. Für seine Zeitgenossen waren Parallelen der Handlung zum Konflikt zwischen dem englischen König und dem Prinzen von Wales deutlich erkennbar. Die Inszenierung in Halle verlegt das Ganze in eine leicht trostlose britische Vorstadtsiedlung, die nach Angriffen von Jugendbanden so bürgerkriegsmäßig herunter gekommen wirkt wie ein Londoner Vorort nach den gewalttätigen Jugend-Unruhen nach der Jahrtausendwende. Schließlich ist zu Beginn im Libretto auch von einer hungernden Bevölkerung in einer belagerten Stadt die Rede, die es zu befreien gilt.
Michael Taylor stellt mit seiner betörenden Countertenorstimme den aufsässig-revoltierenden Königssohn Argone in Lederjacke dar, der nach anfänglichem Zögern seine Jugendgang zum Krieg anstiftet. Ihm zur Seite stehen der Vater König Haliate, treffend tenoral durch Robert Sellier charakterisiert, und dessen engster Berater und Intrigant Altomaro, den David Ki Hyun Park mit betörendem tiefen und bedrohlichen Bass gestaltet. Die junge Altistin Julia Böhme verleiht dem unehelichen Sohn Haliates und Enkel Altomaros, Melo, ein edles tiefes und samtiges Timbre.
Auf der Gegenseite stehen die Braut Elmira und ihr leicht verträumt gezeichneter, edelmütiger und friedfertiger königlicher Geliebter Sosarme. Unterstützung findet das Paar bei der Gattin des Königs und Mutter des rebellischen Argone.
Henriette Gödde verkörpert für mich in dieser Aufführung diese Rolle der Erenice als leidende, misshandelte Mutter und zugleich mutige Königin in besonders anrührender Weise. Stimmlich wie darstellerisch ist sie die eigentliche Hauptfigur der Oper. Ihr hat Händel besonders ausdruckstarke Arien gewidmet. Mein persönlicher Höhepunkt der Vorstellung war ihre stark berührende Darstellung in der tief traurigen Arie „Cuor di madre e cuor di moglie“ im dritten Akt mit konzertierender Solo-Violine. Darin schildert sie ihre innere Zerrissenheit vor einem Duell zwischen Sohn und Ehemann so wie es nur Händel schafft.
Ein weiterer Höhepunkt in der Aufführung ist das hinreißende Siciliano Andante-Duett im zweiten Akt zwischen Sosarme und seiner Braut Elmira. Der stilistisch wie in den Stimmfarben technisch perfekt seine Stimme nuancierende Countertenor Benno Schachtner und die gleichermaßen wunderbar lyrisch wie koloratursicher singende Ines Lex berühren dabei gesanglich ebenso stark wie sie das Publikum in glänzender Spiellaune immer wieder zu Szenenapplaus animieren. Sosarme wurde schließlich dem berühmten Kastraten Senesino in die Gurgel geschrieben und Elmira der großen Händel-Diva Anna Strada del Pò. Benno Schachtner und Ines Lex erweisen sich deren vollkommen würdig. Der Regisseur lässt den im Kampfe fast tödlich verletzten Sosarme mit angehefteten Blutfetzen, den man je nach Bedarf abnehmen und wieder aufkleben kann, im Krankenbett mit Infusion im schmachtenden Liebesduett zur glucksenden Freude des Publikums auch mal mit seiner Braut unter die Bettdecke kriechen.
Insgesamt machte die Wiederaufnahme von Sosarme 2017 an der Oper Halle auch dem Publikum großes Vergnügen. Alle Sängerdarsteller wie das Händel-Festspielorchester Halle haben sich gegenüber 2016 noch einmalstark
gesteigert.
Opera con Brio, LLC, May 2016 (Richard B. Beams)
Handel Festival Halle 2016: Sosarme Highlights a Season of Rarities
From Anarchy to Unity
For years Sosarme was a forgotten piece. After a successful premier in 1732 during Handel’s Second Academy period, and a brief revival two years later, the work fell into oblivion until its rediscovery in the midtwentieth century. A scattering of staged productions has appeared since then; this new production at the Handel Festival was the first ever by Halle Opera. Part of the reason for neglect may have been inconsistencies in the genesis of the libretto, which began life as Fernando, Re di Castiglia (set in Coimbra, Portugal). While composing it, Handel transferred it to the mythical and timeless Lydia, and the full title to the somewhat truncated libretto now became Sosarme, Re di Media. Sacrificed was a certain dramatic ntegrity, but the music is first rate Handel.
In the Halle Opera production, it was thus an insightful move for director Philipp Harnoncourt and set designer Katja Rotrekl to confront the problematic libretto head on, ignoring the historical context of feuding fourteenth-century royal families. Shifting the time, locale and action to that of a contemporary dysfunctional family, the production does not focus on a militaristic struggle for succession to the throne between a father, Haliates, King of Lydia, and his two sons, Argone and Melo. Instead it becomes a study in contemporary societal alienation, even anarchy, which runs almost unchecked through the familial disintegration we witness on stage. An opening video zooms in on a single, suburban German house. On stage, this house will undergo gradual destruction in the course of the opera. With the help of a rotating stage, a barb-wired barrier separates the territory claimed by the anarchist older son (Argone) from the territory of his father. Things get worse; eventually the house collapses completely – as do family relations. But order is restored in the end; with the help of a video projection, the house is rebuilt as the final chorus celebrates the reunification of the family and the community.
All this may seem a bit contrived, but what emerged was a production which reflected how well the director listened to the music – how well he understood the work, with all its incongruities, and gave free rein to music that so skillfully articulates drama, character and motivation. Winton Dean has commented that the result of Handel’s shifting the original locale was “a lopsided libretto, a rare instance, at least in part, of Handel sacrificing consistency and dramatic relevance to expediency, catering for the singers at the expense of the drama.” Perhaps so, given that the first cast included such luminaries as his superstar castrato Senesino as Sosarme, the always-dependable soprano Anna Strada as Elmira, Sosarme’s betrothed, and the deep bass Antonio Montagnana as Altomaro, the treacherous instigator of rebellion. Yet those critics like Edward Dent who early on labeled Sosarme “another unsatisfactory opera” were certainly, as Dean suggests, blinded to the quality of the music. The production team in Halle was not.
Aided by conductor Bernhard Forck, using the newly published Halle critical edition, each singer emerged with clarity amidst devastating conflicts. The distraught Elmira, for example, expressively sung by soprano Ines Lex, closes what the libretto indicates is Handel’s first act, disheveled and precariously perched atop her half-destroyed house. But following her moving adagio prayer, “Dite pace” (“proclaim peace”), there is no curtain. Instead the drama continues – with an interlude of strobe lights, interpolated trumpets, sounds of battle, and the like – until the dust clears and she sings the even more poignant cavatina, “Padre, germano, e sposo,” wondering who among them soon will cause her the most grief, Haliates, Argone (the elder son and her brother), or her finance, Sosarme. Next her distraught mother, Erenice enters, asking what she saw from the “tower.” Elmira responds that a haze of dust obscured her vision.How effectively the two acts dovetailed; how effectively too, music and drama merged.
All this was typical of the production. A standout of the evening was Altomaro, the manipulator of the plot for rebellion, sung by the sturdy bass and long-time member of Halle Opera Ki-Hyun Park. Winton Dean calls Altomaro “a double-dyed villain, an unscrupulous bully, liar and potential murder.” Yet his three major-key arias are full of bounce and bravado, especially his entrance aria (“Fra l’ombre”) that Handel adapted from an aria for Polifemo in his 1708 Naples serenata Aci, Galatea e Polifemo. Mr. Park’s magnificent rendition of this difficult piece brought rapturous applause. Better yet was his second aria, “Sento il cor che lieto gode” in which he gloats at his apparently successful scheming, his feet dangling over the orchestra pit at the realigned close of Act I (actually mid-Act II of the original libretto). This turned out to be an interesting parallel to the close of this production’s second and final act when, his schemes exposed, Altomaro takes his own life. But not for long - the production brings him back to life moments later to let him (not Sosarme as the libretto indicates) articulate the brief recitative that precedes the closing chorus of celebration:
Let strife be forever banished from this place. Let it be a haven where peace and love may dwell! He too then participates in the delightful final pastoral chorus as, with the help of the closing video sequence, order is restored in the bucolic home in the suburbs. There is hope after all amidst all this civil strife.Indeed each character emerged from the progressively devastating scenes with clarity. The poignant duet of longing and suffering, “Per le porte del tormento,” for Sosarme (the eloquent countertenor Benno Schachtner) and Elmira which now opens Act II was especially effective. Handel later transferred this exquisite duet to his 1740 “operetta” Imeneo as its penultimate number. In this production of Sosarme it becomes the lynchpin to the opera as Elmira attends to the wounded Sosarme, gently stripping a large blotch of red blood from his white smock – a telling symbol midway through the work for the healing and reconciliation to come. In their second duet, “Tu caro sei,” the penultimate number of the score, the lovers express their relief that their trials are over in an equally beautiful but light-hearted piece. Vocally, the pair wonderfully captured the lyricism of the first duet and the lighthearted lilt of the second.
To Halle Opera’s credit, Handel’s original casting received careful consideration in the casting for this production. The result was a fine selection of singers who acquitted themselves admirably. During the Second Academy period, Handel had the service of a first-rate tenor, Giovanni Battista Pinacci, for Haliate, who has three fine arias. In the first of these, “La turba adulatrice” experienced tenor Robert Sellier amply attacked the angular leaps of this large-scaled vengeance aria. Complementing him, contralto Henriette Gödde was equally effective in the demanding role of his wife, Erenice. Her expressive, Bach-like lament in Act II, “Cuor di madre,” facing the prospect of a duel between husband and son, was another highlight of the evening.
Countertenor Michael Taylor effectively energized the role of that older son, Argone, the second castrato of the original cast, although except for some arioso and a short duet in which his mother berates him, he has little of substance to sing. But the illegitimate son, Melo, the only trouser role of the original cast, was sung magnificently by German contralto Julia Böhme. Clinging to a ladder against the half-destroyed house, and tormented mercilessly by Altomaro, she gave a stunning rendition of “So ch’il Ciel,” another poignant piece reminiscent of Bach. What a shame that one of the few cuts was her Act III aria late in the opera, the much simpler, if perhaps superfluous, “Sincero affetto.”
To the credit of Halle Opera, this production was effective theatre on every level although the company sometimes offers a mixed bag of stage gimmicks and unidiomatic musical intrusions – added drums and other percussion, for example. And it was also cathartic, even moving by the end. The occasional artifice of obbligato musical instruments played on stage - for example, a solo violin, an organ, a pair of horns – invited further audience involvement with the expressive power of the music, while such extra-musical intrusions as a gang of anarchists with black masks and drums kept the unsettling civil drama at the fore. What emerged was an evening spent not with distant, dynastic intrigue and the family quarrels of a fourteenth-century king, but with the kind of revolutionary upheaval all too frequent in today’s unsettled world, perhaps more troubled than any before. A glimmer of hope and unity emerged in the end. If only it were true that music always had such power to heal.