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PRESSE
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Der Schatzgräber von Franz Schreker, Tabakfabrik Linz


Wiener Zeitung (Christian Heindl ), 13. 9. 2013,

Schatzsuche in der Sandkiste
Nicht im neuen Linzer Musiktheater, sondern in der Tabakfabrik findet zurzeit die spannendste Opernproduktion der Stadt statt: In Kooperation mit dem Brucknerfest brachte EntArteOpera Franz Schrekers einst viel gespielten "Schatzgräber" zur szenischen Umsetzung. Eine Großtat, ermöglicht sie doch die Neubewertung einer zentralen Oper des frühen 20. Jahrhunderts, die (nicht nur) durch Rassenwahn und Kulturpolitik des Nationalsozialismus in der Versenkung verschwand und nie wieder nachhaltig ans Licht geholt wurde.

Mühelos erweist "Der Schatzgräber" seine Lebensfähigkeit: Eine fantasievolle, ohne Leerlaufe erzählte Geschichte trifft auf ein Füllhorn an Melodien und kompositorische Raffinessen. Philipp Harnoncourt nutzt geschickt und ohne übertriebenes Spektakel die Fabrikhalle, die mit wenigen Versatzstücken die Weite des Märchenlandes suggeriert.

Stimmlich überragend und darstel1erisch die größte Bühnenpräsenz vermittelte Alexander Kaimbacher als Narr. Ingeborg Greiner (Els) bezauberte nach manieriert anmutendem Beginn durch ihre souveräne Bewältigung der so herausfordernden Partie. Musste Schrekers üppiger Klangrausch aus ökonomischen Gründen einer neuen Kammerfassung weichen, so sorgte Werner Steinmetz für eine werkdienliche Reduktion, in der kammermusikalische Strukturen sogar transparenter erfassbar wurden und die Musiker des Israel Chamber Orchestra unter Martin Sieghart Gelegenheit zum Ausspielen hoher solistischer Qualitäten erhielten.


Kurier ( Helmut C. Mayer), 19. 9. 2013

Eine innovative und sinnliche Schatzsuche
Franz Schrekers Oper "Die Schatzgräber" als lohnende Wiederentdeckung beim Linzer Brucknerfest.

Überall wird gegraben. Denn man sucht ja nach Schätzen. In den Sandhäufen am Rande und in einem großen Haufen in der Mitte der Bühne, der so zum zentralen Aufführungsort wird: So lässt Philipp Harnoncourt die Opernrarität „Der Schatzgräber“ von Franz Schreker beginnen.

Der österreichische Regisseur lässt in seiner Sichtweise die Welt der Kunst und des brutalen Lebens in intensiver Dichte aufeinanderprallen. Gewählt hat man dafür eine Halle der ehemaligen Linzer Tabakfabrik, die von der Ausstatterin Susanne Thomasberger mit sparsamen Versatzstücken und Requisiten kongenial in das Geschehen einbezogen wird. Es ist richtig und wichtig, dass Franz Schreker wieder vermehrt den Weg zurück auf die Bühnen findet. In den 20ern des 20. Jahrhunderts wurde er häufig aufgeführt. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er jedoch von den Nazis als „entartet“ gebrandmarkt, verboten und zum Verstummen gebracht.

Der Kompanie „EntArteOpera“, gemeinsam mit dem Brucknerfest Linz, ist zu verdanken, dass Schrekers Werk wieder hervorgeholt wurde. Und es lohnt sich: Denn diese Musik ist von einer spätromantischen, soghaften Sinnlichkeit, der man sich kaum entziehen kann.Vor allem dann, wenn sie so transparent, so fein aufgefächert zu hören ist, wie vom Israel Chamber Orchestra unter Martin Sieghart…

Mit vollem Einsatz agieren die Sänger. Herausragend erlebt man dabei allen voran Alexander Kaimbacher als szenisch und sängerisch ausdrucksstarken Narren, Roman Sadnik als tenoral sehr geforderten Sänger Elis, Ingeborg Greiner als intensive Els. Weiters sei noch Sebastian Soulès als markiger Vogt zu erwähnen.


FAZ (Reinhard Kager), 14. 9. 2013

Auch die Kunst kann uns nicht retten
Eröffnet wurde diese Opernreihe vom Israel Chamber Orchester mit einem Werk , das einst zu den meistgespielten der Weimarer Republik zählte, doch erst Ende der achtziger Jahre wiederentdeckt wurde: „Der Schatzgräber'' van Franz Schreker. Verfemt, verfolgt und suspendiert von seiner Position als Direktor der Berlin er Hochschule für Musik, zählt Schreker zu jenen Künstlern, die den antisemitischen Hetzjagden durch die Nationalsozialisten am härtesten ausgesetzt waren. Werke wie der „Schatzgräber'', 1920 in Frankfurt uraufgeführt, hatten es nach dem Krieg vor allem deshalb schwer, weil das romantische Erbe, das in ihnen fortwirkt. In den Fünfzigern mit den Prämissen der Avantgarde kollidierte. Erst eine Inszenierung Günter Krämers an der Hamburger Staatsoper im Jahr 1989 machte die Oper wieder bekannt, die seither immerhin rund vierzigmal aufgeführt worden ist.

Die Produktion in Linz, von Philipp Harnoncourt in Szene gesetzt, fand an einem speziellen Ort statt: der ehemaligen Tabakfabrik, die Peter Behrens Anfang der dreißiger Jahre erbaut hatte. Die kubische Halle mit einer Höhe von rund sechzehn Metern bot Platz für eine offene Spielfläche, in die auch das israelische Kammerorchester integriert war. Erstmals wurde nämlich diese Oper in einer kammermusikalischen Version aufgeführt, von Werner Steinmetz geschickt instrumentiert. Die betörende Opulenz, des Orgiastisch-Rauschhafte der Musik Schrekers blieb dabei zwar auf der Strecke . Doch wer befürchtet hatte, die Klange würden sich in der Halle verflüchtigen, der wurde eines Besseren belehrt. Deutlicher als in der Orchesterfassung sind die Binnenstrukturen der Schrekerschen Musik hörbar, auch deren inhärente Modernität. Trotz unverhohlener Koketterie mit der Romantik operiert Schreker mit komplexen Rhythmen, die sich stets von Neuem verändern, um die innere Zerrissenheit der Protagonisten dieser Oper zu spiegeln, die eine ambivalente Dreiecksgeschichte erzählt, ein im Mittelalter angesiedeltes Märchen.

Die Sänger konnten in dieser entschlackten Version, die Martin Sieghart geschmeidig dirigierte, auch intimer singen: Roman Sadnik als Elis und vor allem Alexander Kaimbacher als Narr des Königs überzeugten mit deklamatorischer Klarheit. Ingeborg Greiner beeindruckte durch überbordende Emotionalität und verlieh so der eisigen Els, di e ihre Freier ermorden lässt, menschliche Züge. Als Els in einem die Spielflache dominierenden Berg aus Erde nach einer Puppe gräbt, um Erinnerungen an die Kindheit wiederzuerwecken, wird klar: Es ist der schreckliche Kreislauf des Getretenwerdens und Selbertretens, der sie zur Mörderin macht.

Es lässt sich aus dem mittelalterlichen Märchen aber auch die von Schreker so oft thematisierte Kunstproblematik dechiffrieren: In Els ist das brutale Realitätsprinzip personifiziert – in Elis aber, dem Sänger, der mit seiner Laute verborgene Schatze aufzuspüren vermag, der Künstler, der letzten Endes scheitert: Auch seine Kunst kann Els nicht retten. Das unbändige Glücksverlangen, das die Musik Schrekers unverhohlen beschwört, die erotische Erfüllung, nach der sie tastet, bleiben diesem ewig Suchenden verwehrt.

Folgerecht zeigt Philipp Harnoncourt die Figur des Elis als Alter Ego des Komponisten. Sein karierter Anzug hebt sich deutlich ab von den Kostümen der anderen Darsteller, die teils in Purpur und Panzer, teils in Landarbeiterkleidung der Jahrhundertwende auftreten (Ausstattung: Susanne Thomasberger). Was aber bedeuten die Sandhaufen, die neben plakativen Galgen den Rand der Buhne säumen? Vielleicht symbolisieren sie: Die Menschheit wird noch lange weitergraben müssen nach der Utopie eines glücklichen Lebens.


Standard (Stefan Ender), 14. 9. 2013

Schillernd und auf Sand gebaut
Franz Schrekers Erfolgsoper „Der Schatzgräber" in Linz:

„Ein ödes Nest! Kein Leben dahier": ein Narr, wer solches heute über Linz denkt. Klangwolken ziehen über die Stadt, elektronische Kunst und Herr Bruckner werden gefeiert, und das neue Musiktheater ist so groß wie anderswo ein ganzes Stadtviertel. Noch größer ist allerdings die ehemalige Tabakfabrik aus den frühen 1930er-Jahren, und der Mann, der hier die eingangs zitierten Worte spricht, ist tatsachlich ein Narr - wenn natürlich nur als Bühnenfigur in Franz Schrekers einstiger Erfolgsoper „Der Schatzgräber“, die etwa ein Jahrzehnt vor dem Linzer Industriekomplex entstanden ist und in eine andere Zeitrichtung weist als der Großbau , welcher der sachlichen Moderne einen sanft geschwungenen Gesichtszug verleiht.

Die Musik Schrekers kann man eher milder güldenen Ummantelung von Klimts sich küssendem Liebespaar vergleichen: Sie prunkt, sie glitzert, sie schillert in tausend Farben, füllhornartig ergießt sie sich über den Opernbesucher, umfängt und umschmeichelt ihn so virtuos wie nahtlos mit lyrischen, dramatischen und elegischen Klangstoffen. Toll, dass es Werner Steinmetz in seiner eigens für die Produktion der EntArteOpera geschaffenen Fassung für Kammerorchester gelingt, die Verführungskraft und den überbordenden Reichtum dieser Musik zu vermitteln.

… Regisseur Philipp Harnoncourt bespielt die dunklen, unendlichen Weiten des Quadroms geschickt: Der Großteil von Schrekers märchenhafter Geschichte um die Liebe eines Musikers und einer männermordenden Wirtstochter spielt sich auf einem großen Sandhaufen im Sichtachsenschnittpunkt der zwei rechtwinklig zueinander positionierten Publikumstribünen ab.

… Der lyrisch betörende Alexander Kaimbacher nimmt als Narr ein Staubbad, um auf die Schnelle zu ergrauen. und auch die Liebesnacht von Elis (als indisponiert angesagt, aber wundervoll erfrischend und deutlich: Roman Sadnik) und Els (mit dramatischer Intensität: Ingeborg Greiner) ist auf Sand gebaut (Ausstattung: Susanne Thomasberger). Von den kleineren Partien erweisen sich Dirk Aleschus' nobler König und Karl Oblassers kauziger Kanzler als die eindrücklichsten. Begeisterung plus Bitte: endlich mehr Schreker in Wien.


Volksblatt (Georgina Szeless )

Ein Schatz, für die Bühne gehoben
Linzer Brucknerfest: Franz Schrekers Oper „Der Schatzgräber“ in der Tabakfabrik:

Viel zu lang hat es gedauert, bis die vieraktige Oper „Der Schatzgräber“, einstiger Welterfolg von Franz Schreker (1878-1934), den Weg zurück auf die Bühne fand. Die erste szenische Aufführung nach dem Zweiten Weltkrieg ist derzeit in der Linzer Tabakfabrik als Aufhänger zum morgen startenden Brucknerfest zu erleben. Die ausverkaufte Premiere am Donnerstag hat die 500 Besucher begeistert und noch empfindlich berührt von Auswüchsen der NS-Zeit, in der unter dem sinnlosen Begriff „entartete Kunst“ das schöpferische Werk zahlloser Künstler gnadenlos ausradiert wurde.

Auf jeden Fall ist es den „Entdeckern“ gelungen, einen Schatz für die Bühne zu heben, der den Opernhäusern dringend zu empfehlen ist. Der Österreicher Schreker schrieb die Musik zu den „Schatzgräbern“ in den Jahren 1915-18, textete selbst das Libretto. Der Siegeszug der Oper nach der Uraufführung 1920 in Frankfurt war nicht aufzuhalten. Bis 1932 wurden etwa 400 Aufführungen in 50 Städten gezählt.

Die Geschichte nach einem alten Märchen erzählt mit poesievollen Worten von einer kränkelnden Königin (stumme Rolle), deren Schmuck geraubt wurde. Ein fahrender Sänger soll ihn mithilfe seiner Wunderlaute wiederfinden. Heimliche Schatzgräberin ist eine grausame Wirtstochter vor der Heirat, die nur nach Reichtum trachtet und für den Schatz, der Schönheit und Fruchtbarkeit verleiht, alle Brautwerber in den Tod schickt. Die Liebe zum Schatzgräber führt sie zur Läuterung. Als büßende Sünderin legt sie ihr Kleid ab und schneidet sich das Haar.

Schrekers Musik ist ein Geniestreich und verrät die souveräne Hand eines Opernpraktikers. Sein Stil ist geprägt von der Tatsache, dass er „zwischen den Zeiten“ stand und an der Größe eines Richard Strauss gemessen wurde. Doch hat der verspätete Romantiker, der in seinen früheren Werken als avantgardistischer Exponent der Nach-Wagnerschen Moderne galt, die Einflüsse zu einer unverkennbar persönlichen Sprache geführt.

… Das mit 23 Instrumentalisten relativ kleine Israel Chamber Orchestra zauberte prachtvolle Klänge in den riesigen Bühnenraum und ersetzte ohne den geringsten Nachteil die große Besetzung der Originalfassung. Dieses Kunststück einer Kammerorchester-Version gelang dem Linzer Komponisten Werner Steinmetz (54) in Anlehnung an eine Kammersinfonie zur Oper aus Schrekers Feder. Am Pult stand Martin Sieghart mit vollem Einsatz für das Ideal einer klanglichen Balance und Transparenz der fein gesponnenen Partitur, voll überzeugt von seiner missionarischen Tätigkeit.

Regisseur Philipp Harnoncourt lässt zwei Hauptdarsteller kontrastreich aufeinandertreffen: Der geheimnisvolle Schatzgräber Elis, kompetent besetzt mit dem gefragten Wagner-Sänger Roman Sadnik, dem es nach Sinnlichkeit und Leidenschaft geht, was er selbst nicht weiß. Und die schatzhungrige Braut Els, von Ingeborg Greiner stimmlich und schauspielerisch ausdrucksstark verkörpert. Die Traumfiguren des Märchens werden bei Harnoncourt zu wirklichkeitsnahen Menschen mit all ihren Schwächen und heben das Stück auf die Höhe eines Wagnerschen Musikdramas.

… Aus der Besetzung ragt Alexander Kaimbacher von der Münchner Staatsoper als Narr hervor, die heimliche Leitfigur des Stücks: Eine herrliche Tenorstimme mit allen, auch mimischen, Vorzügen.


Oberösterreichische Nachrichten

Mit Schreker auf Schatzsuche in der Tabakfabrik
Mit Franz Schrekers „entartetem“ Werk hebt der Verein „EntArteOpera“ den ersten Schatz:

Es lohnt sich immer, auf Spurensuche zu gehen. Das ist umso willkommener, wenn dabei ein Komponist aus der Versenkung geholt wird, der seine Kinderjahre in Linz verbracht hat und der aufgrund seiner jüdischen Herkunft vom NS-Staat zum Verstummen gebracht wurde. Franz Schreker gehörte in den 20er-Jahren zu den gefragtesten Opernkomponisten im deutschen Sprachraum und lief bisweilen Richard Strauss den Rang ab.

Doch nach seinem zwar natürlichen, aber aufgrund der politischen Umstände ausgelösten Tod durch Schlaganfall und Herzinfarkt geriet sein vielgerühmtes Werk gänzlich in Vergessenheit und wurde ab den 70er-Jahren in regelmäßigen Abständen immer wieder entdeckt. Aber eine nachhaltige Schreker-Renaissance hat sich bisher nicht eingestellt. Dabei gehört seine Musik zum Sinnlichsten, was es überhaupt gibt. Umso verdienstvoller ist es, dass sich die Protagonisten von EntArteOpera – Martin Sieghart, Philipp Harnoncourt und Susanne Thomasberger – an eine Wiederbelebung von Schrekers erfolgreichster Oper gewagt haben.

… Philipp Harnoncourt hat in der den spannenden Raum der Tabakfabrik ideal einbeziehenden Ausstattung von Susanne Thomasberger tief emotionales, intensives Musiktheater inszeniert. Ohne Schnörkel, ohne bewusst zu aktualisieren, ohne erhobenen Zeigefinger. Er ließ einfach zwei Welten – der Kunst und des brutalen realen Lebens – aufeinanderprallen. Nicht der Text steht im Vordergrund, sondern Klänge. Das Spannende ist, dass man dem Werk und seiner Wirkung vertraut hat. Das Israel Chamber Orchestra musizierte unter Martin Sieghart mit beachtlicher Klangschönheit und begeisternder Sensibilität.

… Nicht minder engagiert und präsent war Alexander Kaimbacher als fulminanter Narr. Ingeborg Greiner (Els) spielte eindrucksvoll und konnte auch stimmlich punkten.

… Viel Zustimmung beim Publikum.


Die Presse (Stefan Musil ), 13. 9. 2013,

„EntArteOpera“: Liebe, Gold und silbrige Musik
In der Tabakfabrik Linz holt die „EntArteOpera“ von den Nazis geächtete Werke ins Gedächtnis zurück.

Ein Mädchen namens Else war's, die im Sommer 1915 Volkslieder und Balladen zur Laute vortrug, in einem Bauernzimmer in Siebenbürgen. Von diesem Ferienerlebnis inspiriert, entwarf Franz Schreker ein Textbuch, das er ein Jahr später zu vertonen begann. Aus dem Mädchen Else wurde dabei die Wirtstochter Els in einem deutschen Königreich des Mittelalters. Und statt zur Laute zu singen, giert sie nach dem gestohlenen Schmuck der Königin, lässt von ihrem Knecht Albi der Reihe nach ihre Zukünftigen ermorden und sich vom letzten davor noch die königlichen Geschmeide besorgen. Ewige Schönheit sollen sie der von allen begehrten Wirtstochter bringen.

Der Wunsch lässt sich nicht erfüllen. Denn die beraubte Königin siecht ohne ihren Schmuck, der ihr Schönheit und Fruchtbarkeit verleiht, dahin. Als der Narr seinem König vom Sänger Elis berichtet, der mit seiner Wunderlaute verborgene Schätze aufspüren kann, erhält er den Auftrag, die Juwelen wieder herbeizuschaffen. Davor ringt er dem König noch das Versprechen ab, sich als Belohnung dafür eine Frau wählen zu dürfen. Das Spiel nimmt seinen Lauf...

So weit die Lage in Franz Schrekers Musiktheater „Der Schatzgräber“. Es wurde sein größter Erfolg. Nach der Uraufführung 1920 in Frankfurt wurde es eifrig gespielt, auch 1922 an der Wiener Staatsoper. In der NS-Diktatur wurden die Stücke Schrekers von den deutschen Bühnen verbannt, seine Musik galt als „entartet“ und geriet in Vergessenheit. Erst gegen Ende des 20.Jahrhunderts erinnerte man sich wieder seines „Schatzgräbers“. „EntArteOpera“ heißt das Opernprojekt, das die einst geächteten Werke wieder ins Gedächtnis zurückholen möchte. Mit dem „Schatzgräber“ machte man beim Brucknerfest einen Anfang. Die Gründungsmitglieder von „EntArteOpera“ traten dabei auch als Leading Team an: Martin Sieghart als Dirigent, Philipp Harnoncourt als Regisseur und Susanne Thomasberger als Ausstatterin der ersten szenischen Produktion dieser Schreker-Oper in Österreich.

So betritt man eine der großen ehemaligen Lagerhallen für Zigaretten in der Tabakfabrik. Ein großer Sandhaufen markiert das Zentrum. An zwei Seiten davon stehen steile Zuschauertribünen, an einer anderen Seite sitzt das Israel Chamber Orchestra. Dahinter sind Planken, davor wieder Sand. Das deutsche Mittelalter hat sich in eine Goldgräberstadt verwandelt. Nicht nur die Königin giert nach dem edlen Metall. Els ist nun also ein Mädchen aus dem goldenen Westen, auf der Suche nach dem vermeintlichen Glück.

Philipp Harnoncourts Konzept versucht jedenfalls den schwül-rauschhaft raschelnden Entwurf von Schreker zu erden. Zentraler Kulminationspunkt der Oper ist die Liebesnacht zwischen Els und Elis. Ein Liebesrausch, in dem Els dem königlichen Schatzsucher das geraubte Gold an ihrem Körper offenbart, mit der Bitte, nicht zu fragen, wie sie dazu gekommen sei. Eine Nacht, nach der Els erkannt haben wird, dass ihr Glück nicht im Gold, sondern in der Liebe zu Elis liegt, und an deren Ende Elis Laute zerborsten ist. Als Els für ihre Untaten gerichtet werden soll, fordert der Narr sie als Lohn. Doch Els ist gebrochen und stirbt, nachdem ihr Elis doch noch vergeben hat.

Geschickt weiß Harnoncourt mit dem großen Raum umzugehen, arrangiert stimmige Bilder, schafft es, die verquere Handlung verständlich zu erzählen, führt gekonnt Protagonisten und Choristen.

… Man sitzt also und staunt, über diese seltsam märchenhaften Handlungswirren, über den von Schreker schwülstig poetisch gedrechselten Text, über eine Musik, die sich als flirrendes Kontinuum, ohne größere Höhepunkte, wie ein harmonisch durchwegs wohliger silbriger Nebel über das Ganze legt und in der zentralen Liebesnacht fast für einen Zuckerschock sorgt. In all dem kann sich Ingeborg Greiner als dramatisch starke Els behaupten, und Roman Sadniks Elis beeindruckt trotz angesagter Indisposition. Eine stimmlich wie darstellerisch exzellente Charakterstudie bietet Alexander Kaimbacher als Narr, und auch alle anderen Rollen sind treffend besetzt.

Mit großem Engagement spielen die Musiker des Israel Chamber Orchestra unter der profunden Leitung von Martin Sieghart eine hervorragende Kammerorchesterfassung von Werner Steinmetz. Dazu überrascht die erstaunlich gute Akustik der Halle. Beste Voraussetzungen also für eine im Rahmen eines Festivals interessante und berechtigte Begegnung.


Die Bühne, Oktober 2013

Das Israel Chamber Orchestra schwelgte in farbenreichen Klängen… beinahe ohne Schwachstellen zeigte sich das spielfreudige Sängerensemble. Dabei stechen Alexander Kaimbacher als intensiver Narr, Roman Sadnik als fassettenreicher Sänger Elis und Ingeborg Greiner als ausdrucksstarke Els hervor…

Philipp Harnoncourt zeig die märchenhafte Geschichte als packenden Konflikt von Kunst und Leben, immer dicht und hautnah am Publikum.


Opernwelt

Vom Brucknerfest wurde jetzt in Linz, Hitlers utopischer Kunsthauptstadt, das Nazi-Trauma angegangen – in Zusammenarbeit mit EntArteOpera, einem jungen, von Susanne Thomasberger, Philipp Harnoncourt und Martin Sieghart gegründeten verein, der im Namenswortspiel die Kunst mit dem Nazibegriff der „Entarteten Kunst“ vermengt. EntArteOpera hat sich vorgenommen, verdrängte Schätze zu heben – und Franz Schrekers „Schatzgräber“ lohnte die Mühe…

Schrekers Riesenwerk wurde von Werner Steinmetz eingedampft, aber noch in der Kammerfassung ist der flirrende Farbenreichtum mehr als nur zu ahnen. Hervorragend das Israel Chamber Orchestra unter Leitung von Martin Sieghart, das ein besonderes Versöhnungsfest (Jom Kippur) mit Linz feierte du die zweite Aufführung nach den Sabbat Vorschriften erst spätabends spielte. Symbolträchtig auch der Aufführungsort: die Tabakfabrik von Peter Behrens, Inkunabel der Bauhaus Moderne...

Eine Ausstellung über „Entartete Musik“ leitete zum Aufführungsraum mit überraschend guter Akustik. In der Mitte ein Sandhaufen, in dem nach guter Living-Theatre-Tradition gespielt, gegraben und gelebt wird. Harnoncourts fantasievolle Personenregie oszilliert zwischen Symbolik und Psychogramm in einem Mix aus Mythos und Mittelalter (Ausstattung Susanne Thomasberger).

...Schreker befand sich mit seinem erotisch-tiefenpsychologischen Sujet auf der Höhe der zeit: Die Mörderin Els (im Laufe des Abends immer besser: Ingeborg Greiner) lässt ihre Brautwerber reihenweise durch den Knecht Albi umbringen, der sie ebenfalls verehrt…

In der Hinrichtungsszene, in der der als Mörder verdächtigte Fremde neben drei anderen gehängt werden soll, sagt der Narr des Königs: „Ein Galgen! das riecht nach Kultur!“ Kein Wunder, dass der „Schatzgräber“ von einer Diktatur abgelehnt werden musste.


opernnetz.de (Helmut Christian Meyer), 17. 9. 2013,

… Hier wird in den vielen, in einer ehemaligen, großen Produktionshalle, aufgetürmten Sandhaufen von beginn an eifrig gegraben, denn schließlich ist man ja auf der Schatzsuche… teils hautnah und direkt vor den Sitzreihen des Publikums lässt Philipp Harnoncourt in der sparsamen, aber idealen Ausstattung von Susanne Thomasberger, die auch sonst den riesigen Raum ideal ins geschehen einbezieht, die Geschichte… spielen. In seiner Interpretation zeigt er das als packenden Konflikt von Kunst und brutalem Leben, sehr dicht, emotional, und mit großer Sogwirkung.

Dass dem österreichischen Regisseur das auch alles so ideal gelingt, ist ganz besonders dem spielfreudigen, relativ großen Sängerensemble zu verdanken, dessen Typenauswahl perfekt gelungen ist und das beinahe keine Schwachstellen aufweist. Dabei sticht zuallererst Alexander Kaimbacher als sowohl sängerisch wie auch darstellerisch ungemein intensiver Narr mit beeindruckender Mimik und Gestik hervor. Roman Sadnik ist ein fassettenreicher fahrender Sänger Elis, dessen Tenor vom Komponisten immens gefordert wird, Ingeborg Greiner ist eine ausdrucksstarke Wirtstochter Els. Weiters beeindrucken Sebastién Soulès als charakterlich fieser, stimmlich sehr markanter Vogt sowie Dirk Aleschus als würdiger König.

Das Publikum, das von zwei steilen Tribünen das Geschehen in der Mitte betrachten und hören kann, ist von der Produktion sehr angetan und applaudierte heftig.